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Systemische Familientherapie

Was ist die Systemische Familientherapie?

Oft stehen die Patienten während der Suche nach einer geeigneten Therapieform vor der Frage, ob die Behandlungsform tiefenpsychologisch bzw. verhaltenstherapeutisch sein sollte. Dies sind aktuell die zwei gängigsten Verfahren, die von den deutschen Krankenkassen bezuschusst werden, darüber hinaus gehört auch die analytische Therapie zu den Richtlinienverfahren. Die Systemische Therapie stellt neben der Gesprächspsychotherapie eine weitere Möglichkeit dar, die allerdings weniger bekannt ist. Die Systemische Psychotherapie wurde im Jahr 2008 vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als wissenschaftliches Therapieverfahren sowohl für Jugendlichen als auch für Erwachsene anerkannt. Bei dieser Therapieform besteht im Vergleich zu anderen Therapieansätzen eine sehr hohe Kundenzufriedenheit auch Jahre nach Therapieende.

Diese Therapieform orientiert sich an bereits vorhandenen Ressourcen im Leben des Patienten und betrachtet den Hilfesuchenden wertschätzend beziehungsweise als Experte seiner Selbst. Die Therapieform geht in diesem Sinne von der Autonomie des Patienten aus und versucht zusammen mit diesem neue Lösungswege auszuarbeiten.

Insbesondere bei der Paartherapie gilt es, das Streiten neu zu erlernen und als konstruktiv anzusehen. Diese Methode geht von der Annahme aus, dass im Streit Lösungen gefunden werden, sobald die Partner diese bewusst anstreben, anstatt lediglich ”gewinnen” zu wollen.

Die Bezeichnung „systemisch“ rührt von den Anfängen dieser Therapiemethode her. Die leitende Idee der Systemischen Therapie war, im Falle einer angenommenen „Störung“ bei einer Person, die Familie als Ganzes sowie bestimmte Angehörige in die Therapiesitzung einzubeziehen. Im Gegensatz zu der Psychoanalyse betrachtet die Systemische Familientherapie Probleme nicht als Merkmale einzelner Personen. Demzufolge werden Lösungen innerhalb der „Systemen“ gesucht, in denen die Patienten eingebunden sind.

Wo kann man eine Systemische Familientherapie durchführen?

Mann kann eine Systemische Einzel- oder Familientherapie in vielen Praxen für Psychotherapie durchführen, die entsprechend spezialisiert und DGSF- oder SG-zertifiziert sind. Auf den Webseiten dieser beiden Verbände können die Interessenten über die jeweiligen Suchmasken ebenfalls Fachleute in Ihrer Nähe finden. Darüber hinaus gibt es dort auch Kontaktdaten von öffentlichen Einrichtungen, die systemisch beratend tätig sind, z. B. Jugendhilfen und -beratungsstellen, Familienschulen und Tagesgruppen, soziale Dienste und Stiftungen, Kliniken und familientherapeutische Zentren.

Wogegen bzw. wobei hilft die Systemische Familientherapie

Die Systemische Familientherapie hilft dabei, starre Gedanken- und Kommunikationsmuster innerhalb der Familie aufzulösen. Während die Psychoanalyse nach der Ursache von Problemen der Gegenwart zumeist in der individuellen Vergangenheit sucht und die Verhaltenstherapie zwar zukunftsorientiert ist, jedoch auch auf der Ebene des einzelnen Individuums Blockaden aufzulösen versucht, betrachtet die Systemische Therapie Konflikte immer als Reaktion auf zwischenmenschliche Beziehungen. Daraus folgende Substanz- und Essstörungen, Depressionen, Störungen bei somatischen Krankheiten, Schizophrenie und wahnhafte Störungen sowie affektive Störungen zählen zu den Problembereichen, die mithilfe der Systemischen Therapie gemildert bzw. behoben werden können. Im Rahmen einer Familientherapie werden mit Hilfe von zielorientierten Fragetechniken Lebensziele, Lebenseinstellungen und die grundsätzlichen Erwartungen an die anderen frei gelegt und neu interpretiert. Bei Jugendlichen werden neben intrafamiliären Fragen die höchsten Therapieerfolge in den Bereichen Sozialverhalten, Zwangsstörungen, Essstörungen sowie beim erfolgreichen Umgang mit somatischen Krankheiten verzeichnet.

Wer darf eine Systemische Familientherapie bei mir durchführen?

Der behandelnde Therapeut sollte neben einem Fachhochschul- bzw. Hochschulabschuss im psychosozialen Bereich auch über eine entsprechende Zertifizierung verfügen, die im Rahmen einer mindestens 3-jährigen Ausbildungsdauer erworben wird. Die Weiterbildungen sollten durch die DGSF (Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V.) beziehungsweise durch die SG (Systemische Gesellschaft) anerkannt sein.

Zahlt die Krankenkasse für die Systemische Familientherapie?

Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, da diese von der Wahl des behandelnden Therapeuten abhängt. In Deutschland zählt die Systemische Therapie nicht zu den Richtlinienverfahren. Eine ambulante Behandlung bei einem Therapeuten, der ausschließlich systematische Psychotherapie praktiziert, würde nicht übernommen werden. Sofern der behandelnde Therapeut jedoch auch auf anderen Therapieverfahren spezialisiert ist, die mit der Krankenkasse abgerechnet werden dürfen, ist oft eine Kostenübernahme möglich.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat kürzlich einen neuen Prüfbericht veröffentlicht, der den Nutzen von der Systemischen Therapie belegt. Darauffolgend wurde der Gemeinsame Bundesaufschuss (G-BA) von den beiden systemischen Verbänden Deutschlands aufgefordert, die Systemische Psychotherapie als Kassenleistung anzuerkennen.

Fazit:

Aktuell bleibt diese Therapieform Selbstzahlern vorbehalten, in Zukunft dürfte sich diese Situation ändern. Viele öffentliche Beratungsstellen arbeiten inzwischen systemisch, so dass man auf diesem Wege auch erste Erfahrungen mit dieser Therapierichtung sammeln könnte.

Was geschieht während einer Systemischen Familientherapie

Der behandelnde Therapeut versucht, innerhalb der Beziehungen der Familienmitglieder zueinander neue Perspektiven auszuarbeiten. Dazu werden verschiedene Techniken genutzt. Darunter das Hinterfragen von Grundannahmen über den anderen, das Umdeuten von familiären Ereignissen bekannt auch als Reframing von Sachverhalten, die Darstellung von „Familienskulpturen“, um unbewusste Kräfteverhältnisse erkennbar zu machen, Metaphernarbeit, graphische Darstellung von zwischenmenschlichen Verhältnissen. Das Hauptinstrument bei dieser Therapieform ist jedoch der öffnende Dialog.

In bestimmten Fällen ist eine Co-Therapie sinnvoll. Dabei sind während der Sitzung zwei oder mehr TherapeutInnen anwesend. Dieses Vorgehen sorgt für mehr Abstand zwischen den beiden Seiten und einen Zugewinn an therapeutischer Objektivität.

Was bewirkt eine Systemische Familientherapie?

Indem neue Handlungsmuster erlernt und neue Handlungsmöglichkeiten entdeckt werden, wird die Basis für Veränderungen geschaffen. Da sie im Unterschied zu anderen Therapieformen auch als Mehrpersonen-Therapie stattfindet, sind die Erfolge nachweislich wirksamer und nachhaltiger. Kontrolluntersuchungen belegen immer wieder den sogenannten Langzeiteffekt.

Die Systemische Familientherapie legt zwischenmenschliche Beziehungen innerhalb der Familie frei und zeigt ihre Auswirkungen auf die jeweiligen Individuen und ihre Lebensentwürfe auf. Dabei werden psychische und somatische Faktoren gleichermaßen berücksichtigt.

Diese Therapiemethode wird von vielen Psychologen bevorzugt, da das Therapieren und Verstehen von Gruppendynamiken auf einem konkreten und greifbaren Fundament steht, während die Therapie von einzelnen Personen auf oft abstrakten und nicht immer belegbaren Theoriekonzepten der Psychoanalyse beruht.

Gleichzeitig lassen sich bei dynamischen Gruppensystemen, wie z.B. das einer Familie sprunghaft Veränderungen anregen, die bei der traditionellen Psychoanalyse unter Umständen viel langsamer verinnerlicht werden.

Bei der Systemischen Therapie werden die Teilnehmenden angeregt, selbst ihre Grenzen auf den Prüfstand zu stellen und ihre Grundannahmen zu hinterfragen. Der Therapeut begleitet den Prozess, im Gegensatz zu der Psychoanalyse haben die Patienten bei der Systemischen Familientherapie die Möglichkeit in ihrer Interaktion auf eigener Faust die Unterscheidungen Gesund/Ungesund, Akzeptabel/Verwerflich, Erstrebenswert/Verzichtbar usw. zu erlernen. Der Therapeut gilt in diesem Sinne nicht als Experte für gesunde zwischenmenschliche Beziehungen, er oder sie versucht diese zu vermitteln, indem er immer wieder seine subjektive Außenperspektive mit einbringt. Das zirkuläre Fragen, das ein wichtiger Bestandteil der systemischen Methode ist, ermöglicht den Patienten Blockaden aufzulösen, indem die Struktur des Problems hinterfragt und durchschaubar gemacht wird.

Wann ist eine Systemische Familientherapie sinnvoll?

Eine Systemische Familientherapie ist dann empfehlenswert, wenn die herkömmlichen Therapieverfahren nicht zu dem gewünschten Erfolg führen konnten, z. B. wenn es trotz erfolgter Therapie innerhalb der Partnerschaft bzw. innerhalb der Familienkonstellation wiederholt Krisen, Grenzüberschreitungen und Resignation auftreten.

Wann sollte man mit einer Systemischen Familientherapie beginnen?

Eine Systemische Familientherapie kann jederzeit begonnen werden. Dabei ist es wichtig, dass Sie sich im Vorfeld im Bezug auf die Vor- und Nachteile dieser Therapieform im Vergleich zu den anderen Methoden informieren und anhand Ihrer angestrebten Ziele die Entscheidung treffen. Eine weitere Voraussetzung ist die Bereitschaft, mit Ihrem Therapeuten über einen längeren Zeitraum zusammen zu arbeiten.
Da bei der Systemischen Familientherapie auch Familienangehörige einbezogen werden, sollten Sie im Vorfeld klären, ob diese bereit sind an den Sitzungen teilzunehmen. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, dass sämtliche Familienmitglieder bei allen Sitzungen anwesend sind. Die Systemische Therapie ist auf jeden Fall auch als Einzeltherapie möglich, so dass die Einbeziehung der anderen auch in einem beschränkten, doch regelmäßigen Rahmen erfolgen kann.
Sinnvoll ist es, eine Konsultation im Vorfeld zu vereinbaren, um mit dem behandelnden Therapeuten den voraussichtlichen zeitlichen Aufwand und die Teilnehmer festzulegen.

Wann sollte man eine Systemische Familientherapie abbrechen bzw. vorzeitig beenden?

Die systematische Familientherapie zeichnet sich dadurch aus, dass nach relativ kurzer Zeit bereits erste Erfolge sichtbar werden. Gefestigte Verhaltensmuster zwischen Familienmitgliedern werden durch das Umdeuten im Rahmen der Therapie aufgelöst. Sofern Sie über einen längeren Zeitraum keinerlei Besserungen beobachten können, ist es vielleicht sinnvoll einen Wechsel des behandelnden Therapeuten oder einen Wechsel in eine andere Therapiemethode in Erwägung zu ziehen.

Wie viele Sitzungen Systemische Familientherapie benötigt man in der Regel?

Die Anzahl der notwendigen Sitzungen variiert stark in Abhängigkeit von der individuellen Situation. In der Regel bringen etwa 8 bis 10 Sitzungen die gewünschten Therapieerfolge. Die einzelnen Termine finden jeweils ein bis zweimal im Monat statt, damit die erlernten Techniken und Erkenntnisse allmählich in den Alltag integriert werden können. Die Gesamttherapiedauer liegt somit zwischen 26 bis maximal 52 Wochen.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Therapieform im Unterschied zu den herkömmlichen Therapiemethoden sehr flexibel ist. Daher sind hier auch kürzere oder längere Therapie-Formate denkbar, die trotzdem sehr wirksam sein können. Beispielsweise die systemische Krisenintervention, die in etwa fünf Einzelterminen stattfindet, die zeitlich dichter aneinander liegen oder die Langzeittherapie, die bis 30 Doppelsitzungen, über mehrere Jahre verteilt, umfasst.

Wie lange dauert eine Sitzung Systemische Familientherapie?

Eine Sitzung dauert zwischen 60 und 90 Minuten. Einzeltherapie-Sitzungen dauern in der Regel 60 Minuten, während Familientherapie-Sitzungen zeitaufwendiger sind und im Durchschnitt 90 Minuten in Anspruch nehmen.

Wie hoch sind die Kosten für eine Sitzung Systemische Familientherapie?

Die Systemische Therapie gilt als eine besonders kostengünstige Therapieform. Die Kosten bewegen sich je nach Art und Dauer der Sitzung, pro Person von ca. 60 Euro an aufwärts.