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Somatic Experiencing

Was ist Somatic Experiencing?

Das Somatic Experiencing beruft sich auf die Tierwelt. Erlebt ein Tier eine Situation, die einem Trauma sehr nahe kommt, kann es in drei verschiedene Arten reagieren. Entweder es stellt sich ein Flucht-, ein Angriffs- oder ein Totstellreflex ein. Nach dem Erlebten kann das Tier den Stress und die damit entstandenen Hormone wieder abbauen, sodass im Gehirn keine traumatischen Bereiche entstehen. Hierbei wird von einer Entladungsreaktion gesprochen, die vollkommen automatisch eintritt, sobald die Gefahr vorüber ist. Der Mensch hingegen baut den Stress-Level nicht mehr ab, da der rationale Teil des Gehirns immer wieder an das Erlebte erinnert. So entsteht nach dem Somatic Experiencing ein Trauma, welches nicht verarbeitet ist. Kurz gesagt, bleibt der Mensch nach einer Situation, die Grundlage für ein Trauma werden kann, im Überlebensmodus hängen. Er kann sich nicht mehr selbstständig hieraus lösen und trägt dieses Stresslevel nun dauerhaft in sich. So könne nicht nur psychische Folgen auftreten, sondern auch körperliche. Der Stress wirkt sich in vielen Fällen auf den Magen-Darm-Trakt, auf das Herz oder andere Organe aus.

Durch die Methode soll das traumatische Erlebnis neu erlebt werden. Auf geistiger und körperlicher Ebene sollen die Bahnen und Verknüpfungen neu gelegt werden, um das Trauma selbst, sowie seine Folgen zu verabschieden. Ziel ist daher der Abbau des Stresslevels nach der natürlichen Reaktion auf ein solches Erlebnis.

Wo kann man ein Somatic Experiencing durchführen?

Der Somatic Experiencing Deutschland e.V. bildet die Grundlage für alle praktizierenden Therapeuten dieser Methode. Auf der Webseite des Vereins lassen sich zahlreichen Anlaufstellen in vielen Städten Deutschlands finden. Doch auch europaweit findet die Methode seit den 90er Jahren Anklang. In der Schweiz, in Österreich und in anderen europäischen Ländern sind einige Therapeuten zu finden, die ebenso in direktem Kontakt mit dem deutschen Verein für Somatic Experiencing stehen.
Das SE darf nur von geschultem Personal durchgeführt werden.

Wogegen bzw. wobei hilft Somatic Experiencing?

Das Somatic Experiencing ist für Patienten gedacht, die ein Trauma, jeglicher Art erlebt haben und dieses nicht verarbeitet konnten. Wann das Trauma stattgefunden hat, ob in der frühen Kindheit oder im Erwachsenenalter spielt keine Rolle, denn die Überlebensmechanismen, deren Stresslevel im Anschluss nicht verarbeitet werden konnte, lösen meist ähnliche Symptomatik aus.

Zunächst ist es wichtig, dass die Symptome, unter denen der Patient leidet, deutlich als die Folgen eines Traumas gekennzeichnet werden können.
Hierzu gehören körperliche, psychische und soziale Instabilitäten, Depressionen, Angstzustände, Konzentrationsschwierigkeiten und mehr. Deutliches Merkmal für ein unterbewusst vorherrschendes Trauma sind sogenannte „Trigger Situationen“. In diesen Situationen genügt ein Geruch, ein Ton oder ein optischer Reiz, um den Patienten in die erlebte Situation zurückzuversetzen. Er durchlebt das traumatische Ereignis auf psychischer, emotionaler Ebene erneut.

Wer darf ein Somatic Experiencing bei mir durchführen?

Durchgeführt werden darf diese Behandlung nur von Menschen, die eine spezielle Fortbildung durchlaufen haben. Die Grundlage für diese Fortbildung ist es, dass beruflicher Kontakt mit traumatisierten Menschen besteht. Dies kann auch ehrenamtlicher Kontakt sein. Besonders wichtig ist es, dass eine therapeutische oder medizinische Ausbildung oder ein Studium mit Abschluss besteht. Ebenso können Lehrer und Erzieher eine Fortbildung besuchen.
Der Verein selbst führt keine Fortbildungen durch, hat hierzu jedoch einige Weiterbildungsveranstalter, die in enger Zusammenarbeit kooperieren.
Die Fortbildung dauert insgesamt drei Jahre, findet aber immer nur in gewissen Jahresabschnitten von wenigen Tagen statt. Das Bestehen der einzelnen Level ist erforderlich, um in die nächste Stufe zu gelangen. Nach der dreijährigen Fortbildungsmaßnahme kann die Therapie dann an Patienten durchgeführt werden.

Zahlt die Krankenkasse das Somatic Experiencing?

Das SE wird bisher nicht von den Krankenkassen übernommen, da es sich weder um eine Psycho- noch um eine Körpertherapie handelt. Erst wenn eine Anerkennung als solche erfolgt, kann die Krankenkasse die Kosten übernehmen. Jedoch gibt es bei privaten Krankenversicherung zahlreiche Zusatzversicherungen, die eben solche Behandlungen wie das Somatic Experiencing übernehmen.

Besonders nach einem Unfall kann die Unfall- oder Haftpflichtversicherung einen Teil der Kosten für SE übernehmen. Hierzu ist eine direkte Absprache mit der Versicherung vonnöten. In manchen Fällen kann sogar eine 100%ige Kostenübernahme gewährleistet werden, wenn die Kausalität nachweisbar ist.

Für Arbeitnehmer, Angestellte und all diejenigen, die eine Steuererklärung abgeben, kann die Behandlung von der Steuer abgesetzt werden.

Was geschieht während einer Somatic Experiencing?

Während der Therapie wird nur über die Sprache gearbeitet. Im Fokus soll das Wiederholen und Neuerleben des Traumas und der damit verbundenen Reaktion des Organismus stehen. Jedoch soll anders als bei der ursprünglich erlebten Situation der Stresslevel wieder abgebaut werden. Hierzu wird noch vor dem Hervorrufen der traumatischen Situation mit dem Patienten an der Entwicklung von Ressourcen gearbeitet, die in der erlebten Situation gefehlt haben. So bekommt der Patient die Möglichkeit, seinen Körper bewusst wahrzunehmen und ihn zu beeinflussen, um Blockaden zu lösen. Die Körperwahrnehmung wird vom Therapeuten genaustens verfolgt. Aufgabe des Patienten ist es, die Reaktionen seines Körpers zu erleben, aber gleichzeitig zu akzeptieren. Es darf nicht versucht werden diese zu unterdrücken. Der Patient soll offen mit den Reaktionen umgehen, um sie im Anschluss optimal bewältigen zu können. Das traumatische Ereignis soll nicht in einem Ruck hervorgerufen werden. Vielmehr wird Schicht für Schicht durch den Geist gegangen, um einzelne Emotionen und Reaktionen auszubalancieren, bevor der nächste Schritt getan wird.
Das Ziel ist es dann das Gehirn und das Nervensystem in den Lösungsprozess miteinzubeziehen, sodass die Folgestörung des Traumas gelöst werden kann.

Während der Behandlung stellt sich die Besonderheit des Somatic Experiencing heraus. Im Vergleich zu anderen Methoden, bei denen der Patient sich vollkommen dem Therapeuten anvertrauen muss, zum Teil schläft oder Medikamente zur Behandlung einnehmen muss, soll er beim Somatic Experiencing aktiv und bewusst erleben. Dies bewirkt das Auslösen von Selbstheilungsprozess im Körper. Der Patient heilt sich damit, unter Zuhilfenahme von Anweisungen des Therapeuten, selbst.

Methoden zur Vermeidung der Retraumatisierung

Während der Behandlung stehen verschieden Methoden zur Verfügung, die das Retraumatisierung verhindern und eine sanfte Auseinandersetzung mit dem erlebten ermöglichen:

Einfache Sprache: Oberste Priorität ist die einfache, simple Sprache. Das Erlebte soll nicht durch das Sprechen verarbeitet werden, sondern durch das schichtenweise aufarbeiten des traumatischen Erlebnisses. Die Ablösung des Traumas soll sich lediglich im Körper abspielen, weswegen der Patient sich hierauf konzentrieren muss.

Erdung: Dieser Schritt der Behandlung sorgt dafür, dass der Körper und der Geist eine Einheit bleiben. Oftmals kommt es aufgrund von traumatischen Erlebnissen zu einer Abspaltung des Geistes (Dissoziation), was unbedingt zu verhindern ist.

Ressourcen: Die Ressourcen werden dem Patienten antrainiert, sodass er sich mit den unangenehmen Emotionen der Situation auseinander setzten kann, ohne diese zu verdrängen.

Felt Sense: Dies ist die Hauptmethode des SE. Durch den Felt Sense wird es dem Patienten ermöglicht seine Körperempfindungen in den Prozess miteinzubeziehen. Hierdurch können wichtige Ereignisse während des traumatischen Erlebnisses hervorgerufen werden, die für den Patienten meist unzugänglich waren, da sie unterdrückt wurden. So erfolgt eine vollständige Aufarbeitung des Traumas.

Pendeln: Das Pendeln ermöglicht ein hin- und hergleiten zwischen der traumatischen Situation und dem Heilungsprozess. Dies ermöglicht, dass Heilung und Lösung von Angst, Frust und anderen negativen Gefühlen stattfinden kann.

Was bewirkt ein Somatic Experiencing?

Das Somatic Experiencing bewirkt im ersten Schritt, dass Folgen von dem zu hohen Stresslevel nach dem traumatischen Erlebnis abgebaut werden. So können Folgestörung des Traumas in ihrer Intensität reduziert werden, der Mensch wird freier und psychische Leiden können minimiert werden. Durch die neu entstandene Distanz zum Erlebten, kann der Patient mehr Vertrauen zur Situation gewinnen.

Zudem geht mit der Behandlungsmethode eine Änderung des Muskeltonus einher. Die Durchblutung wird während der Behandlung vollkommen neu erlebt, sodass ein Wärmegefühl und ein Prickeln durch den Körper des Patienten strömen kann.
Zudem ist das Zielt, die erlebten traumatischen Situationen mit neuen Gefühlen, Gedanken und Handlungen zu verknüpfen. So geht mit der erfolgreich abgeschlossenen Behandlung ein vollkommen neues Lebensgefühl einher.

Wann ist ein Somatic Experiencing sinnvoll?

Ein SE ist dann sinnvoll, wenn der Verdacht auf ein unverarbeitetes Trauma und /oder einer damit einhergehenden posttraumatischen Belastungsstörung vorliegt. Dauerhafte Unruhe, Depressionen, die trotz anderer Methoden nicht verbessert werden können, Angststörungen und vieles mehr, sind potenzielle Faktoren, die für ein SE sprechen. Wenn die Lebenskraft und Energie zu fehlen scheint, oder der tägliche Antrieb fehlt, kann ein SE ebenso sehr positiv wirken.

Wann sollte ein Somatic Experiencing beginnen?

Wann eine SE beginnen sollte ist schwer zu sagen. Durch die Absprache mit einem Arzt kann festgestellt werden, ob das Somatic Experiencing von Nutzen sein kann.
Sinnvoll ist es, dass die Behandlung erst nach Vollendung des 18ten Lebensjahres durchgeführt wird. So kann verhindert werden, dass es zu einer Retraumatisierung kommt.

Wann sollte ein Somatic Experiencing abgebrochen bzw. vorzeitig beendet werden?

Grundsätzlich gibt es bei einer sachgemäß durchgeführten SE keinen Grund für einen Abbruch oder eine vorzeitige Beendigung. Das Ziel der SE ist es, den Patienten sanft und schonend mit dem Trauma zu konfrontieren, ohne dass es zu einer Retraumatisierung kommt.

Wie viele Sitzungen Somatic Experiencing werden in der Regel benötigt?

Wie viele Sitzungen benötigt werden, hängt von der Schwere des Traumas und den Folgen ab. Hierbei gilt es zu unterscheiden, ob ein einmaliges, plötzliches Erlebnis stattgefunden hat, oder ein fortdauerndes, sich wiederholendes. Zudem muss die Frage gestellt werden, ob es sich um ein menschengemachtes Ereignis (Folter, Misshandlung, Missbrauch, Mobbing, etc.) oder um ein nicht menschengemachtes (Naturkatastrophen, Krankheiten) handelt.

In den Sitzungen selbst wird durch den Therapeuten festgestellt, wie stark der Überlebensmechanismus im Geist verankert ist. Je nachdem wie stark der Patient in dieser Phase der stressauslösenden Situation gefangen ist, muss eine Sitzungszahl zwischen 3 und 10 Sitzungen angenommen werden.

Wie lange dauert eine Sitzung?

Eine Sitzung dauert in der Regel 60 Minuten. Je nachdem wie gut der Patient mit den hervorkommenden Erlebnissen, Gefühlen und Reaktionen zurechtkommt, kann die Dauer der Sitzung auf bis zu 90 Minuten (bei manchen Therapeuten auf bis zu 120 Minuten) ausgeweitet werden. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass alle Schichten, die während der Behandlung erkundet werden, optimal abgeschlossen werden, sodass das Trauma gut verarbeitet werden kann. Der Patient sollte auf sein Inneres hören, um sicherzugehen, dass eine solch lang andauernde Therapiesitzung ihn nicht überfordert.

Wie hoch sind die Kosten für eine Sitzung?

Die Kosten für eine Sitzung könne je nach Intensität der Behandlung schwanken. Meist dreht sich der Preis jedoch um ein Spektrum von circa 60 bis 80 € pro Sitzung à 60 Minuten. Eine längere Sitzung, die auf bis zu 90 Minuten ausgeweitet werden kann, kostet circa 100 €. Diese Dauer der Sitzung wird jedoch nur auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten durchgeführt. Zuvor sollte jedoch ein Vorgespräch stattfinden, dass bei manchen Therapeuten für deutlich weniger Geld durchgeführt wird.